Ich nehme über das Jahr hinweg an verschiedenen Wettbewerbsläufen teil. Immer über zehn Kilometer, immer mit dem Ziel, möglichst positiv abzuschneiden. Bei einem dieser Läufe, der Jahr für Jahr wieder fest auf meinem Programm steht, gibt es eine Stelle, an der man eine Kurve abkürzen könnte. Statt auf der Straße zu bleiben, kann man die Ecke sparen, indem man auf den Bürgersteig wechselt und dem dortigen, gepflasterten Fußweg folgt. Der Lauf führt über einen kurzen Stadtparcours, von dem man fünf Runden für die zehn Kilometer absolvieren muss. Man kommt also fünf Mal an der besagten Stelle vorbei. Und bei jedem Mal wird die Versuchung größer. Zumal viele diesen Weg nutzen und es bei dem auseinandergezogenen Starterfeld sowieso niemand mitbekommt.
Wirklich niemand?
Doch: Ich würde es mitbekommen. Und darin liegt das Problem.
Ich mag nicht der schnellste Läufer sein. Ich mag durch die Abkürzung eventuell ein paar Sekunden herausschlagen und damit eine bestimmte Zeit knacken können. Aber ich würde wissen, wieso.
Und an dieser Stelle wird mir noch einmal klar, wieso ich überhaupt laufe.
Es geht nicht darum, auf irgendeinen vorderen Platz zu kommen. (Das ist bei der Konkurrenz in meiner Altersklasse sowieso utopisch).
Es geht auch nicht darum, irgendeine bestimmte Zeit zu unterbieten.
Es geht vielmehr darum, die zu dem Zeitpunkt beste Leistung zu bringen.
Für die Ehre also.
Ich denke, das ist eine gute Herangehensweise, für alles, was wir tun.
Wenn wir bei allem mit dem Bewusstsein handeln, unser in dem Moment Bestes zu geben, ist der Erfolg nicht länger von äußeren Faktoren abhängig. Der Erfolg ergibt sich für uns persönlich, aus uns heraus und aus unseren Möglichkeiten. Das wiederum bedeutet, dass ein Scheitern praktisch nicht mehr möglich ist. Es gibt lediglich noch Erfahrungen, die wir für die nächsten Erfahrungen sinnbringend nutzen können.
In diesem Sinne: Bleib achtsam.
