Ich liebe Brombeeren.
Unter den Beeren sind sie mein absoluter Favorit. Sie haben genau die richtige Balance zwischen Süße und Säure. Das macht sie geschmacklich spannender als Himbeeren oder Johannisbeeren oder was es sonst noch so auf dem Markt gibt.
In unserem Garten wachsen zwei Brombeerbüsche. Und jedes Jahr ist es das gleiche Spiel: Erst die Blüte, dann die ersten grünen Beeren, die anschließend ganz lange rötlich sind. Und plötzlich ist der Tag da: Immer mehr Beeren erreichen den fast schon schwarzen Violett-Ton.
Jahr für Jahr freue ich mich darauf.
Die erste Beere des Jahres ist ein wahrer Genuss.
Und ein Luxus.
Denn die Brombeerzeit ist kurz. Und obwohl ich die Beeren entsafte und den brombeerigen Geschmack bis weit in den Winter rette, ist sie schneller vorbei als mir lieb ist.
Diese erwartungsvolle Freude, der kurze Genuss und das Bedauern des Endes ist uns heute fast vollständig abhandengekommen. Nahezu alles gibt es heute ganzjährig im Supermarkt. Gefroren sowieso, doch auch frisch reifen die meisten Früchte und Gemüsesorten immer gerade irgendwo auf der Welt. Von dort werden sie importiert. Man muss nur den etwas höheren Preis zahlen. Bei so manchem Gemüse noch nicht mal mehr das.
Versteht mich nicht falsch: Unsere Lebensmittelversorgung ist ein Segen und –mit Blick auf die meisten Teile der Welt – extrem privilegiert. Dennoch ist es gerade die begrenzte zeitliche Verfügbarkeit – die Saisonalität – die den Wert einer Sache ausmachen kann.
Die Brombeeren in meinem Garten stehen dafür ganz besonders: Denn hier geht es nicht allein um die Beere, sondern auch um das sommerliche Wetter, das Beobachten des Reifens und all die Erinnerungen an all die ersten Brombeeren der vergangenen Jahre. Verpasst man es hinzuschauen, ist die Gelegenheit vorbei – für ein ganzes Jahr.
In diesem Sinne: Bleib achtsam.
