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„Seht die Vögel unter dem Himmel …“

Heute möchte ich auf eine meiner Lieblingspassagen aus der Bibel eingehen und gleichzeitig meine Herangehensweise an das „Buch der Bücher“ verdeutlichen. Sie findet sich im sechsten Kapitel des Matthäusevangeliums (Mt 6,26, hier in der Lutherübersetzung):

  • „Seht die Vögel unter dem Himmel an: sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater ernährt sie doch“

Mal abgesehen davon, dass es hierzu natürlich schon unzählige Auslegungen gibt, möchte ich meine eigene Sichtweise zu diesem und den folgenden Bibelversen darstellen. Denn wenn wir einmal alles theologische aus diesem Zitat herausnehmen, dann bleibt die Empfehlung, die man heute für ein sorgenfreies, zufriedenes und achtsames Leben erhält: Mach dich frei von den Sorgen über die Zukunft, lebe im Augenblick und habe Vertrauen. Dale Carnergie brachte es im Titel seines Weltbestsellers so auf den Punkt: „Sorge dich nicht – lebe!“

Wir können die Texte der Bibel theologisch verstehen. Wir können sie aber auch aus Sicht der Achtsamkeit verstehen. Und diesen zweiten Weg möchte ich einschlagen.

Ich schaue noch einmal weiter in die Textpassage:

  • „Wer ist unter euch, der seines Lebens Länge eine Spanne zusetzen könnte, wie sehr er sich auch darum sorgt?“ (Mt 6,27)

Heißt übersetzt: Unser Leben ist endlich und wir wissen nicht, wie lange es dauert. Es wird sich allerdings nicht verlängern, wenn wir uns darüber sorgen machen. Was ist dann also die Lehre? Diese Frage ist schon fast rhetorisch. Die Antwort: Schätze den Augenblick und koste das Leben in dem Moment aus, in dem es geschieht. Jetzt.

Im Text heißt es weiter:

  • „Und warum sorgt ihr euch um die Kleidung? Schaut die Lilien auf dem Felde an, wie sie wachsen: sie arbeiten nicht, auch spinnen sie nicht. Ich sage euch, dass auch Salomo in aller seiner Herrlichkeit nicht gekleidet gewesen ist wie eine von ihnen.“ (Mt 6,28-29)

Zwei Gedanken hierzu: Natürlich soll niemand nackt herumlaufen. Aber den Gradmesser, Äußerlichkeiten oder Besitz nicht zu viel Bedeutung beizumessen, finde ich richtig. Der zweite Gedanke ist die Aufforderung, hinzuschauen. Die „Lilien auf dem Feld“ stehen für das Gewöhnliche. Wie viele Menschen unternehmen weite Reisen, um besondere Orte zu erleben. Und in Wirklichkeit umgibt uns die Schönheit der Welt immer und überall. Auch hier sehe ich den Aufruf zu mehr Achtsamkeit.

Ich habe zu dieser Bibelstelle auch schon politische Deutungen gehört. Dass sich darauf der Sozialismus begründen ließe. Dass man den Text so verstehen kann, dass man nach nichts streben müsse. Quasi ein Aufruf zur Passivität. Doch eben das ist es nicht für mich. Vor allem dann nicht, wenn ich den letzten Vers lese:

  • „Darum sorgt nicht für morgen, denn der morgige Tag wird für das Seine sorgen. Es ist genug, dass jeder Tag seine eigene Plage hat.“ (Mt 6,34)

„Plage“ klingt natürlich negativ. Ersetzen wir das Wort einmal durch „Herausforderung“. Dann bin ich wieder voll in der achtsamen Sichtweise: Ich lebe den heutigen Tag und sorge für den Moment. Der morgige Tag bringt seine neuen Herausforderungen, die ich genau in dem Moment angehe. Ich bin nicht passiv, sondern lebe im Augenblick. Das Vertrauen in das Große und Ganz gibt mir dabei aber die Sicherheit, dass ich alle Herausforderungen, die sich mir stellen, in dem Moment meistern kann, in dem sie auftreten.

Mit dieser Sichtweise kann ich aus den biblischen Texten sehr viel für mein Leben herausziehen. Ganz bewusst habe ich die Aufforderung, nach dem Reich Gottes zu trachten, oder die Frage nach dem Wert des Menschen weggelassen. Das wird einmal der Inhalt eines weiteren Beitrags sein. Vielleicht kannst du meinen Gedanken zu dem Bibelzitat folgen und ebenfalls etwas für dich daraus ziehen. Für den Moment auf jeden Fall: Bleib achtsam!

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