… ich wär‘ mein Hund“ – heißt es in einem Lied von Reinhard Mey. Ich will das heute leicht abwandeln und schreiben: „Es gibt Tage, da wünscht ich, ich wär‘ mein Müllmann“ (oder meine Müllfrau natürlich 😉 ). Ich weiß, wie arrogant das jetzt klingt. Mir ist natürlich klar, dass Müllmann jetzt kein Traumjob ist, dass Müllmänner nicht blendend bezahlt werden und eine relativ eintönige, manchmal eklige Arbeit machen. Ich ziele mit meinem „Neid“ allerdings auf einen tatsächlich vorhandenen Vorteil des Jobs ab:
Der Müllmann kommt zu seiner Schicht, zieht sich um, macht seine Schicht, duscht, zieht sich um und geht nach Hause.
Dann ist Feierabend.
Es gibt nichts an Arbeit, was ihn danach noch beschäftigen müsste. Es gibt keine Arbeit, die er mit nach Hause nehmen könnte. Er kann seine Arbeit nicht im Homeoffice oder in seiner Freizeit erledigen.
Oder anders ausgedrückt: Es gibt klare Grenzen.
Dieses klare Grenzen zu setzen, lehrt einen in der Schule niemand. In der Ausbildung oder im Studium ebenfalls nicht. Ganz im Gegenteil: Bei meinen Jobs – und hier kann ich natürlich jetzt nur aus der Sicht des geisteswissenschaftlichen Akademikers sprechen – wurde es immer erwartet, dass man Überstunden macht, dass man am besten auch am Wochenende Dinge bearbeitet und dass man sowieso am besten immer verfügbar ist.
In der heutigen Zeit scheint es hier einen Wandel zu geben. Wenn ich mit Leuten aus Personalabteilungen ins Gespräch komme, beschreiben sie bei den heutigen Bewerbern einen neuen Typus: Menschen, die eben nicht den Job an erste Stelle setzen. Die bewusst sagen, dass sie nur ein bestimmtes Pensum arbeiten wollen. Und die lieber auf Geld verzichten, statt hinterher in einem Hamsterrad gefangen zu sein.
Natürlich hängt das damit zusammen, dass es heute einen Bewerber-Markt gibt, in dem sich begehrte Arbeitskräfte den Arbeitgeber aussuchen können, der wiederum um sie wirbt. Und natürlich ist es auch anders, wenn jemand dringend einen Job benötigt und keinen findet. Derjenige wird sich natürlich auch die Bedingungen stärker diktieren lassen.
Dennoch zeigt die Entwicklung eine gute Richtung: Die Menschen werden sich ihres individuellen Lebenswegs bewusst.
Ich möchte euch heute zwei Denkanstöße mit auf den Weg geben, je nachdem, in welcher Situation ihr euch befindet:
- An all diejenigen, die ihren Job, eintönig, langweilig und unterfordern finden: Schaut einmal, was die guten Seiten sind. Denn es gibt immer etwas, das man wertschätzen kann und das ein anderer beneidet. Denn man begehrt immer das, was man nicht hat. Und wenn du tatsächlich gar nichts findest, so erlangst du wenigstens die Klarheit, dass du dich verändern solltest. (Ich denke aber, dass das in den seltensten Fällen so ist.) Steht eine Veränderung an, kannst du gleichzeitig vorab prüfen, welche deiner jetzigen Highlights die neue Position nicht mehr bietet.
- An all diejenigen, die ihren Job überfordernd finden und nie von ihm losgelassen werden: Lerne abschalten. Niemand zwingt dich, die Arbeit mit in dein Privatleben zu tragen – auch wenn es dein Chef vielleicht gut findet. Mach bewusst Feierabend und verdränge jeglichen Gedanken an die Arbeit. Stelle dein Diensthandy ab und rufe deine beruflichen Mails nicht in deiner Freizeit ab. Ich bin natürlich nicht naiv: Es gibt fordernde Phasen, es gibt Deadlines und es gibt Zeiten, in denen Dinge fertigwerden müssen. Das kann und sollte allerdings nicht die Regel sein. Also entscheide Weise und bewusst, wann du über deine Kernarbeitszeiten hinaus oder zu Hause arbeitest. Und wenn du etwas mit ins Wochenende nimmst: Lass dir nicht das ganze Wochenende versauen, sondern plane das Zeitfenster, in dem du die Sachen bearbeiten wirst. Fokussiere dich nur zu der Zeit auf die Arbeit. Und den Rest deines Wochenendes schaltest du ab und wendest dich den Dingen zu, die dein Leben schön machen.
Für beide Gruppen gilt (auch wenn der Spruch ein wenig angestaubt daherkommt): Wir sollten arbeiten, um zu leben, und nicht leben, um zu arbeiten.
In diesem Sinne: Bleib achtsam.