Zombies, Hexen, Vampire, umherziehende Kinder, die „Süßes oder Saures“ rufen, und ein Partybuffet mit Augapfel-Bowle oder Bockwürstchen, die mit Ketchup als Blut und Mandelsplittern als Fingernägel zu abgehackten Fingern avancieren – es gibt wohl kaum einen größeren Kitsch als ein nach amerikanischem Vorbild gefeiertes Halloween. Dabei geht der „gruselige Karneval im Herbst“, der in den 1990er-Jahren zu uns herübergeschwappt ist, auf ein sehr altes Brauchtum zurück, das sich zuerst die Kirche und schließlich dann die Süßigkeiten- und Verkleidungsindustrie angeeignet hat.
Den Hinweis, was dahintersteckt, gibt der Name. „Halloween“ leitet sich her von „All Hallows Evening“, was den Vorabend von Allerheiligen bezeichnet. Das passt doch! Vor allem, wenn man auf den Volksglauben guckt, nach dem die Gräber an diesem Abend leer sind und die Seelen der Verstorbenen umherwandeln, bevor sie um Mitternacht ins Fegefeuer zurückkehren. So weit so gut, doch lag Allerheiligen ursprünglich gar nicht Anfang November.
Allerheiligen wurde als kirchliches Fest eingeführt, um aller heiligen Märtyrer zu gedenken. Begründet hat es Papst Bonifatius IV. um das Jahr 610 durch die Weihe des Pantheons – das ursprünglich als Tempel allen römischen Göttern geweiht war – auf die Jungfrau Maria und allen heiligen Märtyrern. Das „Problem“ mit Blick auf das heutige Halloween: Die Weihe fand nicht am 1. November, sondern am 13. Mai statt. Erst Papst Gregor der III. verlegte das Fest mehr als hundert Jahre später, als er eine Kapelle in der Basilika St. Peter allen Heiligen weihte. Papst Gregor der IV. übernahm den neuen Termin des Festes schließlich in den römischen Generalkalender.
Wir müssen also noch tiefer graben, um auf die Ursprünge von Halloween zu kommen (auch wenn diese in der Forschung nicht unumstritten sind). Schauen wir auf die Kelten, so lag mit Samhain eines der großen Jahresfeste genau in der Zeit des Jahres, in der wir heute Allerheiligen begehen. Es war – wie das Frühlingsfest Beltane als Gegenpart – ein Fest des Übergangs. Der Sommer endete und die Götter der Unterwelt übernahmen eine kurze Zeit bis zur Wintersonnenwende die Herrschaft. Die Ernte war eingefahren, Kräuter durften nach Samhain nicht mehr geerntet werden. In dieser Übergangszeit waren die Grenzen zwischen den Welten überwindbar. Die Pforten zur keltischen Anderswelt, in der mystische Wesen und mythische Personen lebten, waren durchlässig. Übrigens feierten auch die Germanen ein solches Fest des Übergangs, jedoch erst einige Tage später um den 11. November, an dem heute St. Martin liegt.
Halloween zeigt mehrere Dinge:
- Wie ein Glaube den anderen okkupiert und wie gerade das Christentum die heidnischen Bräuche genutzt hat, um sich auszudehnen.
- Wie Feste in verschiedenen Stämmen zu unterschiedlichen Zeiten gefeiert wurden, aber dennoch gleiche Wurzeln zu haben scheinen.
- Wie Feste, die heute zum Kitsch verkommen sind, dennoch einen mythischen Kern haben können und worin sich regionale Volksglauben begründen.
Doch egal, an was man glaubt, bleiben Halloween und Allerheiligen auch in unserer Gegenwart eine Zeit des Übergangs. Der Herbst verabschiedet sich und der Winter kommt. Die Natur stirbt, bis sie erst im neuen Frühjahr wieder zum Leben erwacht. Es ist die ideale Zeit, in der wir uns mit der eigenen Vergänglichkeit auseinandersetzen können, in der wir an unsere Ahnen zurückdenken und uns dem Wert des Lebens bewusst werden, der aus der Vergänglichkeit entsteht. Wir können den Winter als eine Zeit der Ruhe entdecken (auch wenn es für die meisten von uns bis Weihnachten natürlich noch stressig sein wird).