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Lumen Christi

Ostern ist nun schon ein paar Tage her. Zeit für ein paar nachösterliche Gedanken, speziell mit Blick auf all die Rituale, die uns während dieser Zeit begegnet sind. Die katholische Liturgie dieser Tage ist wohl so ritualisiert wie kaum eine zweite. Der Ablauf der Karwoche – und speziell die Abfolge von Gründonnerstag bis zur Osternacht – ist streng durchgetaktet. Aus der Osternacht stammt auch der Ausruf, der dem heutigen Blog-Beitrag als Überschrift dient. Die gerade entzündete Osterkerze wird in die dunkle Kirche getragen. Dreimal erfolgt dann der Ruf „Lumen Christi“, den die Gemeinde mit „Deo Gracias“ beantwortet. Nach dem ersten Ruf beginnen die Messdiener das Licht an die mit eigenen kleinen Kerzen ausgestattete Gemeinde zu verteilen. Nach und nach füllt sich der Raum mit Licht, es folgt eine rund zweistündige Liturgie, die mit einer ausgedehnten Wortgottesfeier in der halbdunklen Kirche beginnt.

Angestaubt, alt – das mag man bei den kirchlichen Ritualen schnell denken.

Aus der Zeit gefallen? Ich finde nicht. Eher: traditionell.

Denn schauen wir doch einmal, was Rituale bedeuten:

  • Sie schaffen Gemeinschaft: Die Gemeinde weiß genau, was wann zu antworten ist.
  • Sie schaffen eine klare Struktur: Man weiß genau, was passiert und hat einen Ablauf, an dem man sich orientieren kann.
  • Sie gliedern das Jahr, wenn man den Verlauf des Kirchenjahres in seiner Gesamtheit betrachtet. So instabil die Welt aktuell auch ist, findet sich hier eine Ordnung, auf die man sich verlassen kann.

Früher gliederten Kirche und Religion mit den Stundengebeten den gesamten Tag. Noch heute lassen sich Reste davon erkennen, wenn beispielsweise um 12 Uhr mittags die Kirchenglocken läuten.  Oder – weniger im Fokus – um 19 Uhr zum Angelusgebet.

Die Stundengebete gehören zu einer längst vergangenen Zeit. Doch so fern die Kirche vielen Menschen heute auch ist, bleibt ein klarer, ritueller Ablauf für das Leben wichtig. Zumindest macht er es leichter.

Der strukturierte Tagesablauf ist das empfohlene Mittel, das Menschen, die eine Krise durchlaufen, Halt bieten kann. Und auch wer sich nicht in einer Krise befindet, neigt in der Regel zur klaren Struktur. Morgens erstmal Kaffee kochen, mittwochs abends ist Sport, zweimal im Jahr geht es in den Urlaub – solche und andere Gewohnheiten gliedern unsere Tage und unsere Jahre.

Für ein achtsames Leben ist es ebenfalls sinnvoll, sich eine klar strukturierte Praxis anzugewöhnen. Gewisse Routinen für den Morgen oder den Abend, das regelmäßige Journal-Schreiben oder die festen Meditationszeiten helfen uns, am Ball zu bleiben, und unserem Körper, schnell in die Ruhe zu finden.

So kann man die religiösen Rituale auch als eine Art Empfehlung sehen, durch die jeder – unabhängig von der persönlichen Spiritualität oder Religiosität – einen Mehrwert in das eigene Leben bringen kann. Die Ausgestaltung ist dann natürlich jedem selbst überlassen.

Daher:

  • Sei das Salz der Erde und das Licht der Welt (Bibel)
  • Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt (Gandhi)
  • Oder ganz einfach: Bleib achtsam
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